Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Klaus Müllen
Ist die Zukunft schwarz?
Die zentralen Rolle der Chemie als Lebens- und Technologiegrundlage
Die Frage nach der Zukunft unserer Gesellschaft zielt nicht auf eine politische Farbe und wartet auch nicht auf Antworten von Analysten. Sie beschwört also kein Endzeitszenario herauf, sondern befasst sich vielmehr mit der zentralen Rolle der Chemie als Lebens- und Technologiegrundlage.
Die vielleicht wichtigste Reaktion in der Geschichte der industriellen Chemie ist die Ammoniaksynthese, denn ohne sie wäre die Weltbevölkerung nicht zu ernähren. Dies ist ein Fall aus der Katalyse. Weit darüber hinaus beruhen alle modernen Technologien auf Materialien, man denke an Stahl oder Keramik, aber auch an Kohlenstoffverbindungen. Kaum bekannt ist die enorme technische Bedeutung von Ruß. Hier geht es aber um Kunststoffe und um Graphene.
Kunststoffe, aus Kohlenstoffbausteinen aufgebaute Makromoleküle, werden zum Symbol unserer Wegwerfgesellschaft hochstilisiert und als „Plastik“ abgewertet, aber ihre Rolle als Problemlöser wird naiverweise übersehen und sollte jedem bewußt sein. Mehrere überzeugende Beispiele werden vorgestellt.
Graphene sind Honigwaben-artige, atomar dünne Ausschnitte aus dem Graphitgitter. Sie gelten fast als Wundermaterialien und haben in der Tat faszinierende Eigenschaften. Diese begründen Energietechnologien (Batterien, Brennstoffzellen) und Elektronik (Halbleiter für gedruckte Schaltungen), aber selbst ein zukünftiges „quantum computing“ ist materialabhängig. Schließlich gilt das auch für die Biomedizin, etwa für eine Gentherapie.
Vier Botschaften zum Mitnehmen für zuhause: 1) Schon immer wurden geschichtliche Epochen nach der Art des vorherrschenden Materials benannt, 2) „Those who control materials, control technologies“ (E. Kobayashi, Panasonic), 3) Materialien muß jemand machen, am besten jemand, der es kann, das ist der Chemiker, und 4) die Zukunft ist nicht schwarz.
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